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  • In El Salvador jährte sich zum ersten Mal der Tag, an dem Bitcoin offiziell als Bezahlwährung eingeführt worden war – doch Feierlaune kam nicht auf
  • Die Menschen haben andere Dinge im Kopf, etwa den seit Monaten wegen marodierender Strassenbanden verhängten Ausnahmezustand

Ein Jahr, nachdem El Salvador als erster souveräner Staat Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt hat, sieht es nicht gut aus. Das winzige zentralamerikanische Land hat seit der Verabschiedung des Bitcoin-Gesetzes im vergangenen September stark in die Vorzeige-Kryptowährung für seine Staatskasse investiert. Herausgekommen sind bisher weit über 50% Verlust.

El Salvadors Bitcoin-Roulette

Präsident Nayib Bukele, der Bitcoin am 7. September 2021 als gesetzliches Zahlungsmittel neben dem US-Dollar legalisierte, betonte, dass die Einführung für die Mehrheit der Bürger, die keine Bankverbindung haben, von Vorteil sei. Er war der Meinung, dass dies mehr Arbeitsplätze schaffen und ausländische Investitionen anziehen würde. Mittlerweile wird die Qualität seiner Oberstübchen-Beleuchtung auch ausserhalb des IWF stark in Zweifel gezogen.

Seit der Bitcoin-Einführung vor einem Jahr sind  Unternehmen in El Salvador verpflichtet, ihn als Bezahlwährung zu akzeptieren, sofern sie über die erforderlichen technischen Mittel verfügen. Die Bürger sollten von der Krypto-Wohltat überzeugt werden, indem sie die mit umgerechnet 30 Dollar gefüllte Chivo-Wallet geschenkt bekamen.

Präsident Bukele selbst handelte schon vor der offiziellen Einführung mit Bitcoin, mitunter auch nackt im Bett liegend per Smartphone. Laut der Bukele-Tracker-Website, die die genialen Aktionen des exzentrischen Möchtegern-Staatsmanns verfolgt, gehören dem Land derzeit 2.381 Bitcoins im Wert von 44,5 Millionen Dollar zum heutigen Kurs. Blöd nur, dass Bukele dafür 103 Millionen Dollar ausgegeben hat – Steuergeld, versteht sich.

Da der Bitcoin-Kurs stark gefallen ist – um 72,6 Prozent von seinem historischen Höchststand von 69.044 Dollar im letzten November – hat El Salvadors Vorrat etwa 58 Prozent seines Wertes verloren, was dazu führte, dass ausserhalb des Präsidentenpalastes die Menschen das kühne Bitcoin-Experiment des Landes als völligen Fehlschlag betrachten.

El Salvadors Finanzminister Alejandro Zelaya besteht jedoch darauf, dass die Bitcoin-Baisse ein unbedeutendes Risiko für die Finanzlage des Landes darstellt. Außerdem seien keine Verluste entstanden, da das Land noch keine seiner Münzen verkauft habe. Wo der Herr Minister recht hat, hat er recht. Bisher sind es „nur“ Buchverluste. Um allerdings nachhaltig recht zu behalten, müsste der Bitcoinkurs wieder auf 69.044 Dollar steigen. Und selbst dann gäbe es noch nicht einen Cent Gewinn.

Das Bitcoin-Gesetz von Präsident Bukele wurde von der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) von Anfang an kritisiert, und man forderte ihn dringend auf, das Gesetz zu verwerfen. Auch die Bürger haben mehrfach vehement gegen das Bitcoin-Gesetz protestiert, wobei die bemerkenswertesten Demonstrationen am Unabhängigkeitstag des Landes stattfanden.

Auch Ethereum-Erfinder Vitalik Buterin kritisierte Bukele wegen seiner Bitcoin-Manie und verurteilte die Art und Weise, wie Gewerbetreibende gezwungen wurden, die Kryptowährung als Zahlungsmittel für ihre Waren und Dienstleistungen zu akzeptieren.

Doch es gibt andere, die trotzdem glauben, dass es etwas zu feiern gibt an El Salvadors wildem Bitcoin-Gambit, etwa Bram Cohen, Erfinder von BitTorrent und Gründer von Chia Network, der kürzlich bemerkte, dass „die Menge an Gutem, die etwas bewirkt, nicht sehr mit der Menge an Geld korrelieren muss, die es verdient“. Cohen sieht offenbar eine Menge Gutes darin, dass manche Banken gezwungen waren, die Gebühren zu senken, nachdem Bitcoin-Transaktionen in El Salvador deutlich billiger sind, als Banktransaktionen

Im Moment hat El Salvador seine Pläne für eine mit vulkanischer Thermal-Energie versorgte steuerfreie Bitcoin-City und die Ausgabe einer Bitcoin-gesicherten Staatsanleihe auf Eis gelegt. Wie es aussieht wird El Salvadors utopisches Bitcoin-Spiel kläglich scheitern – aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

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Jake Simmons ist seit 2016 ein Krypto-Enthusiast. Seit er von Bitcoin und der Blockchain-Technologie gehört hat, beschäftigt er sich täglich mit dem Thema. Jenseits von Kryptowährungen studierte Jake Informatik und arbeitete 2 Jahre lang für ein Startup im Blockchain-Bereich. Bei CNF ist er für die Beantwortung technischer Fragen zuständig. Sein Ziel ist es, die Welt auf eine einfache und verständliche Weise auf Kryptowährungen aufmerksam zu machen.

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